User:OberMegaTrans/SS2018/2009 student protests in Austria
Part 1
editBesetzungen
Den Anfang nahmen die Proteste mit der Besetzung der Aula der Akademie der bildenden Künste Wien durch Studenten und Lehrpersonal am 20. Oktober 2009, die gegen die Einführung des Bologna-Systems durch das Rektorat protestierten. Nach einer Solidaritäts-Kundgebung am 22. Oktober wurde spontan das Audimax der Universität Wien besetzt. Von da an fanden Plena in den besetzten Hörsälen statt, auf denen basisdemokratische Diskussionen stattfanden und Abstimmungen abgehalten wurden. Es bildeten sich zahlreiche Arbeitsgruppen, welche neben dem Plenum die Hauptorganisatoren des Protests sind. Nach dem 22. Oktober 2009 weiteten sich die Proteste auf andere Universitäten aus. Am 23. Oktober wurde die Vorklinik der Universität Graz von rund 50 Studierenden besetzt. Am 27. Oktober folgten Räume der Universität Wien und der Technischen Universität Wien. Weiter wurden die Aula der Universität Klagenfurt sowie der Hörsaal 1 der Universität Linz besetzt. Am 28. Oktober, nach einer Protestkundgebung, folgte die Besetzung des Hörsaales 381 der Universität Salzburg durch rund 300 Personen und am 29. Oktober wurden Räumlichkeiten der Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Innsbruck sowie der der TU Graz besetzt. Weiter wurde am 3. November Teile der Kunstuniversität Linz besetzt. An der Universität für Bodenkultur Wien wurden am 28. Oktober 2009 mehrere leerstehende Räume des Türkenwirt-Gebäudes in Einvernehmen mit dem Rektorat „besetzt“. Zu den Forderungen dieser Gruppe zählt unter anderem, das Gebäude in ein seit langem gefordertes „Haus der Studierenden“ umzuwandeln. Somit waren österreichweit Räume, vorwiegend große Hörsäle und Aulen, oft unter Duldung oder aktiver Unterstützung durch die Rektorate, an elf Universitätsstandorten besetzt. Mit Ausnahme der Wirtschaftsuniversität Wien wurden Hörsäle an vier der fünf größten Universitäten Österreichs besetzt, darunter mit der Universität Wien die größte Universität im deutschsprachigen Raum. Am Morgen des 21. Dezember, am 61. Tag der Proteste, wurde das Audimax der Uni Wien nach einem Beschluss des Rektorats in Anwesenheit der Polizei geräumt. Zum Zeitpunkt der Räumung befanden sich etwa 15 Studierende und 80 Obdachlose vor Ort. Weiterhin besetzt blieb vorerst der Hörsaal C1, der am 6. Januar 2010 geräumt wurde.
Translation: Mia
Occupations
The protests started with the occupation of the assembly hall of the Academy of Fine Arts Vienna by a group of students and teaching staff on 20 October 2009. They protested against the rector’s office’s introduction of the Bologna process. After declaring solidarity, the Audimax of the University of Vienna was spontaneously occupied on 22 October 2009. Henceforward (or: After this), plenums, where grass-roots discussions and votings were held, took place in occupied lecture halls. Numerous work groups were formed, which were the main organisers of the occupation besides the plenums.
After 22 October, the protests extended to other universities. On 23 October, the pre-clinic of the University of Graz was occupied by approximately 50 students. On 27 October, facilities at the University of Vienna and the TU Wien, as well as the assembly hall at the University of Klagenfurt and lecture hall 1 at the Johannes Kepler University Linz, were occupied. 28 October saw the occupation of lecture hall 381 at the University of Salzburg by 300 people after a protest rally. Facilities of the the University of Innsbruck and the Graz University of Technology were occupied on 29 October 2009. Further, parts of the University of Arts Linz were occupied on 3 November. In consultation with the rector’s office, several vacant rooms at the Türkenwirt-building of the University of Natural Resources and Life Sciences, Vienna, were occupied on 28 October. The occupiers’ demands included a transformation of the vacant building into a long called for “students’ house” (“Haus der Studierenden”).
Therefore, facilities at 11 university locations across Austria, mostly large lecture halls and assembly halls, were under occupation, often with the rector’s office’s acceptance and active support. With the exception of the Vienna University of Economics and Business, lecture halls at 4 of the 5 biggest universities in Austria were occupied, among which is the biggest university in German-speaking countries, the University of Vienna. On the morning of 21 December 2009, the 61st day of the protests, the Audimax of the University of Vienna was evicted in the presence of the police after a resolution of the rector’s office. At the time of the eviction, approximately 15 students and 80 homeless people were present in the room. Lecture hall C1 stayed occupied until its eviction on 6 January 2010.
Part 2
editKurzfristige Besetzungen gab es am 10. Mai, als in Reaktion auf die Schließung des letzten der Bewegung zur Verfügung gestellten Raumes etwa 50 Personen das Rektorat der Universität Wien für etwa zwei Stunden besetzten, sowie im Anschluss das Audimax, das ebenfalls für etwa zwei Stunden von bis zu 300 Personen besetzt wurde. In beiden Fällen verließen die Studenten die Räume, nachdem die Polizei die Räumungsanordnung verlas. Am 14. Mai besetzte eine kleine Gruppe für eine halbe Stunde das Wissenschaftsministerium. Zuvor wurde an einer gemeinsamen Pressekonferenz der ÖH und „unibrennt“ der Ausstieg aus dem Hochschuldialog bekannt gegeben.
Translation: Sabrina
On May 10, short-term occupations occurred in reaction to the closing of the last space which was provided for the movement. Approximately 50 people occupied the rector’s office of the University of Vienna for almost two hours and subsequently, the Audimax was also occupied for the same period by up to 300 people. In both cases, the students left the rooms after the police read out the eviction order. On May 14, a small group occupied the Department of Commerce for half an hour. Prior to this, the exit from the university dialogue was announced during a joint press conference of the ÖH and "unibrennt".
Medien
In den Medien wurden die Proteste unterschiedlich wahrgenommen. Von den Tageszeitungen berichtete der linksliberale Der Standard, der bereits am ersten Tag Mitarbeiter in den Audimax entsendete, um seither von dort für die Webseite derstandard.at live zu berichten, am ausführlichsten über die Protestbewegung. Die neben dem Standard als zweite, eher konservative Qualitätszeitung geltende Die Presse reagierte anfangs eher zurückhaltend und übte vorwiegend Kritik an der Form und den Zielen des Protestes. In eine ähnliche Kerbe schlug auch der Kurier, eine der auflagenstärksten österreichweit erscheinenden Tageszeitungen. Auch hier wird tendenziell die Notwendigkeit der Beschränkung des Hochschulzugangs betont, die nächtlichen Konzerte und Partys und damit einhergehender Genussmittelkonsum überwiegen in der Berichterstattung die untertags laufenden Aktivitäten und Arbeiten. Die reichweitenstärkste Zeitung des Landes wiederum, die Kronen Zeitung, scheint bislang weder den Studenten noch den Reaktionen der Politiker etwas abgewinnen zu können. So wurden einerseits irreführende Kurzmeldungen lanciert, wie jene über einen vermeintlich „vermummten Demonstrierer[s]“, der in Wahrheit unter Atemschutz eine Staffelei besprayte, und am Tag der Demonstration am 5. November titelte die Zeitung „Uni-Rebellen lösen Chaos in Wien aus“, während Kommentator Michael Jeannée in seinem „Brief“ an die Audimax-Besetzer keinen Hehl aus seiner Abneigung ihnen gegenüber machte. Andererseits kritisiert Krone-Leitartikel-Schreiber Claus Pandí heftig die „Fehleinschätzungen“ der Politik, die die Uni-Missstände ignorieren und verleugnen. International nimmt vor allem der deutschsprachige Raum Anteil an den Protesten. So widmete Die Zeit am 5. November 2009 ihre Titelseite unter rot-weiß-roter Hinterlegung den Studentenprotesten in Österreich. Darüber hinaus berichtete unter anderem die französische Tageszeitung Le Monde noch in der ersten Besetzungswoche ausführlich über die Proteste in Österreich. Aber auch außerhalb Europas beschäftigen sich Medien mit den Protesten, so sendete das russische Staatsfernsehen in einer Nachrichtensendung einen Bericht, der sich ausschließlich der Situation in Österreich widmete. Im Jahr 2010 erschien der Dokumentarfilm #unibrennt - Bildungsprotest 2.0 von der AG Doku, der von coop99 produziert wurde. Er dokumentiert die Bewegung der Universitätsbesetzungen in Deutschland und Österreich und die vorbildhafte Bedeutung der Wiener Universitätsbesetzung.
Translation: Merve
Media
The protests were perceived differently throughout the media. The German left-liberal newspaper ‘’Der Standard’’, which sent staff members to the auditorium on the first day of the protest to report live on derstandard.at's website, reported the most extensively about the protest movement. Furthermore, the second, more conservative German quality newspaper ‘’Die Presse’’ initially observed the movement rather cautiously and mainly criticized the nature and goals of the protest. ‘’ Der Kurier’’, a daily newspaper with the widest-circulation in Austria also hit a similar mark, emphasizing on the necessity of restricting the access to higher education. The newspaper claims that the nightly concerts, parties and the therewith associated consumption of luxury foods outweighed the protest activities. The country's highest-circulation newspaper called "Kronen Zeitung" did not seem to sympathize with neither the student’s approach nor the reactions of the politicians. One the one hand, misleading short messages were launched, such as those about a supposedly "hooded demonstrator", who in fact wore respiratory protection while spraying an easel, and on the day of the demonstration on November 5, the commentator Michael Jeannée displayed his dislike against the Audimax occupants by publishing a letter called "University rebels cause chaos in Vienna’’. On the other hand, "Krone" editorial writer Claus Pandí criticized the "misjudgments" of the politicians, who, according to him, collectively ignore and deny the university injustices. Internationally, German-speaking countries in particular showed interest in the protests. On November 5, 2009, the widely-known German newspaper "Die Zeit" dedicated its title page to the student protests in Austria with a red-white-red background. Additionally, the French daily newspaper "Le Monde" gave a detailed report on the protests in Austria during the first week of the occupation. But even outside of Europe, many media outlets dealt with the student protests. The Russian state television for instance showed a report devoted exclusively to the situation in Austria in a news program. In 2010, the documentary #unibrennt - Bildungsprotest 2.0 was published by the "AG Doku" and produced by coop99. The documentary captures the movement of university occupations in Germany and Austria and the exemplary significance of the occupation of the University of Vienna.
Part 3
editAuswirkungen
Kleinere finanzielle Erfolge erzielten die Studierenden der BOKU. Ein seit Jahren gefordertes Haus der Studierenden wurde im bislang leerstehenden zweiten Stock des Gebäudes Türkenwirt (Tüwi) vom Rektorat der ÖH zur Verfügung gestellt. An der Universität Salzburg wurden vom Rektorat Zusagen gemacht, einen Teil der Forderungen wie regelmäßige Hörerversammlungen oder größere Mitbestimmung in den Fachbereichsräten zu erfüllen. Ebenso werden Arbeitsgruppen aus Universitätsangehörigen und Studierenden gebildet, die sich mit Studienrecht, mit verbessertem Informationsfluss und größerer Transparenz, sowie der Schaffung von Freiräumen für Studierende auseinandersetzen sollen. Im Gegenzug wird der besetzte Hörsaal über die Weihnachtsfeiertage freigegeben. In Wien kündigte die Universitätsleitung an, einen Wettbewerb zur Gestaltung des Foyers des zweitgrößten Hörsaals, dem C1 am Campus, an. Dort wurden nach der Räumung der Besetzung diverse Möbel und Tische zur Nutzung als Aufenthaltsbereich hingestellt, aber schon nach wenigen Monaten wieder entfernt. Aufgrund eines Forderungskatalogs bzw. der seit längerem bestehenden Forderung nach einem Institut für Internationale Entwicklung auf der Universität Wien der Studierenden der Internationalen Entwicklung und Sympathisanten, konnte im Zuge der Proteste die vorläufige Einrichtung der Forschungsplattform Internationale Entwicklung samt Mittel und Räumlichkeiten erreicht werden. Auf der Ars Electronica wurde #unibrennt für seine 2.0 Vernetzung der Ehrenpreis der Ars Electronica in der Kategorie „Digital Communities“ verliehen. Insgesamt führten die Proteste zu keinen entscheidenden unmittelbaren Veränderungen der österreichischen Hochschulpolitik.
Translation: Sabrina
Aftermaths and consequences
Small financial successes were achieved by the students of the BOKU. A students' house ("Haus der Studierenden") that had been claimed for years was made available in the up-to-then vacant second floor of the property “Türkenwirt” (Tüwi) by the rector’s office of the ÖH. At the University of Salzburg, commitments were made by the rector’s office to fulfil part of the receivables such as in the case of regular listener’s congregations or greater participation in the faculty councils. Similarly, work groups consisting of both members of the university and students were formed, dealing with study law, with the improved flow of information and greater transparency, as well as the creation of free space for students. In contrast, the occupied lecture hall will be released over the Christmas holidays. In Vienna, the university management announced a competition focusing on the presentation of the foyer of the second largest lecture hall, the C1 on Campus. After the eviction of the occupations, various furniture and tables were placed for utilization but finally removed after a few months. On the basis of a list of requirements or rather the long-standing requirement of an Institute of International Developments of the University of Vienna, as a result of the protests, the provisional establishment of the research platform International Development could be achieved along with the means and the premises for the students. At Ars Electronica, #unibrennt was awarded with the prize for his 2.0 link to Ars Electronica's in the Digital Communities category. Taken as a whole, the protests were resulting in no immediate crucial changes in the Austrian Higher Education policy.
Vocabulary
editBesetzung - Occupation
Aula - assembly hall
Rektorat - rector's office
Hörsaal - lecture hall
Plena - plenums
Arbeitsgruppe - work group
Räumung - eviction
Hochschuldialog - Higher Education Dialogue
auflagenstark - high-circulation
Hochschulzugang - admission to higher education
launcieren - to launch sth.
Fachbereichsrat - faculty council
Studienrecht - study law
Hochschulpolitik - Higher Education policy
Universitätsleitung - university management
Universitätsangehörige - members of the university